Im Gespräch über den Wohnungsbau in NRW
Eine moderne Wohnsiedlung im Sonnenaufgang. Wohnblöcke mit Raum für viele Menschen. Für Berk Eraslan, Klara Kowalski und Souhaila El Ghanou, die dort mit Thomas Kutschaty spazieren gehen, steht fest: Davon brauchen wir mehr. Denn Wohnraum ist in Nordrhein-Westfalen knapp, wie auch die drei schon erfahren mussten.
Souhaila El Ghanou ist auf der Suche nach einer Wohnung. Die 32-jährige Verwaltungswirtin wohnt aktuell bei ihren Eltern: „Ich komme aus einer Arbeiterfamilie, meine Eltern haben ihr Leben lang gespart, um sich vor zehn Jahren ein Eigenheim zu kaufen. Ich wohne in diesem Haus auf der mittleren Etage zur Miete. Ich habe selbst vor, ein Eigenheim zu kaufen, aber bei der aktuellen Situation auf dem Wohnungsmarkt, ist das nicht möglich.“ Eine eigene Wohnung hat für sie eine wichtige Bedeutung, denn ein Eigenheim verspricht ihr eine Existenzgrundlage, Sicherheit und einen gewissen Wohlfühlfaktor. Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist auch immer wieder Thema in den Sitzungen, die sie als Mitglied des Velberter Stadtrates und des Kreistags im Kreis Mettmann besucht. Aus den Gesprächen in diesen Gremien aber auch aufgrund ihrer Jobs Leistungssachbearbeiterin und Rechtssachbearbeiterin der Stadt Essen weiß sie, welche Bedeutung Wohnen gerade in den letzten Jahren bekommen hat: „Ich würde sagen, dass Wohnen noch nie so wichtig war wie jetzt. Wohnen hat jetzt mehr Funktionen als früher mit Homeoffice und Homeschooling. Und es betrifft ja nicht nur mich als 32-Jährige, sondern Menschen aller Altersgruppen und in allen Lebenssituationen.“ Dass die Mieten und die Preise für Eigentum so stark steigen und der Wohnraum oft in schlechtem Zustand ist, verärgert sie.
Für Klara Kowalski ist eine eigene Wohnung noch Zukunftsmusik. Aktuell macht die 18-Jährige ihr Abitur in Dortmund und wohnt dafür bei ihren Eltern. Für die Zeit nach dem Schulabschluss sammelt sie fleißig Pläne: Erst ein Freiwilligendienst in einem Krankenhaus und dann ein naturwissenschaftliches oder medizinisches Studium. Eigentlich wollte sie direkt nach dem Abi ausziehen in eine eigene kleine Wohnung, aber die Idee hat sie verworfen – aus finanziellen Gründen und weil ihr die Situation auf dem Wohnungsmarkt zu unsicher ist: “Man kann sich überhaupt nicht auf die Zukunft vorbereiten, weil man nicht weiß, ob man in einem halben oder ganzen Jahr die Chance auf eine Wohnung hat. Das macht mir Angst.”
Auch Berk Eraslan befindet sich auf Wohnungssuche. Im Oktober hat der gebürtige Dortmunder sein Studium an der Universität Duisburg-Essen aufgenommen, fürs Studium ist er in ein Essener Studierendenwohnheim gezogen. Da er sich dort nicht wohl fühlt, sucht er nun nach einer eigenen Wohnung, bisher jedoch ohne Erfolg: Es gibt kaum Angebote und die Wohnungen, die frei sind, verschlingen 50-60% seines BAföGs. Ähnliche Erfahrungen machen auch andere Studierende, wie Berk in seiner Tätigkeit als Juso-Referent für Soziales im Allgemeinen Studierendenausschuss der Universität Duisburg-Essen feststellen musste. Schließlich kommen immer wieder Studierende zu ihm, die ihm ihr Leid bei der Finanzierung der Miete klagen. Für den Lehramtsstudenten ist klar: „Das Land muss Geld in die Hand nehmen und viele neue Wohnungen bauen. Viel mehr muss jetzt nicht getan werden. Wir brauchen neue Wohnungen, damit durch die neuentstandenen Wohnungen auf dem Markt der Preis fällt. Das schaffen wir vor allem durch Wohnungen, die das Land baut und die für die Menschen und nicht für die Profite der Großunternehmen gedacht sind. Indem man einfache Wohnungen baut, hilft man den einfachen Menschen.“
Klara Kowalski nickt, ihrer Meinung nach muss der Wohnungsbau sozial sei: “Es müssen mehr Sozialwohnungen gebaut werden für die Menschen mit geringem Einkommen. Die Wohnungen müssen so erschwinglich sein, damit auch noch Geld für den Rest des Lebens übrigbleibt.” Und schnell muss gebaut werden, erklärt die 18-Jährige: “Die Lage muss sich jetzt stabilisieren. Auch wenn in den letzten Jahren gebaut wurde, war das unverhältnismäßig wenig.” Souhaila El Ghanou stimmt dem zu, auch sie hat konkrete Wünsche an den Wohnungsbau der Zukunft: „Wir müssen progressiv handeln und auch ans Klima denken, das heißt, wir müssen möglichst klimaneutral bauen. Wir können ja nicht allen Boden platt machen. Wenn wir Wohnraum bauen, dann so, dass dieser klimafreundlich ist, die Ressource Boden nicht darunter leidet und die Gebäude langfristig nutzbar sind.“ Der Boden ist ihr ein wichtiges Anliegen, ihrer Meinung nach müssten Grundstücke grundsätzlich stärker in die kommunale Hand, damit Bauen und Mieten besser gesteuert werden können. Gleichzeitig findet sie: „Da muss das Land die Kommunen stärker unterstützen, schließlich leben die Kommunen von Grund- und Gewerbesteuern.“ Das Konzept einer Landeswohnungsbaugesellschaft, wie es im Wahlprogramm der SPD angedacht ist, unterstützt sie deshalb unbedingt.
Berk Eraslan hat noch andere Ideen im Kopf, wenn er an den Ausbau des Wohnungsraums denkt: „Wir müssen die Wohnungen so bauen, dass sie barrierefrei sind. Ich habe eine Freundin, die körperlich eingeschränkt ist. Sie sucht gerade auch nach einer Wohnung und hat noch mehr Schwierigkeiten dabei als ich. Ihre Wohnung muss einen barrierefreien Eingang haben und möglichst auch einen Aufzug, damit sie in den Keller kommen kann. Das sind Punkte, die kaum im Bewusstsein der Gesellschaft angekommen sind, bzw. die aus dem Fokus geraten, wenn man selbst eben nicht betroffen ist. Aber es gibt Menschen, die betroffen sind und deshalb brauchen wir auch Wohnungen, die ihre Bedürfnisse erfüllen.“
Der Wohnungsbau ist eines der dringendsten Themen in Nordrhein-Westfalen finden Berk Eraslan, Klara Kowalski und Souhaila El Ghanou. Und sie sind sich einig: Wenn neue Wohnungen gebaut werden, dann schnell, sozial und nachhaltig. Dass das geht, beweist auch das Regierungsprogramm der NRWSPD. Wir wollen ausreichend und guten, bezahlbaren Wohnraum schaffen, überall im Land. Deshalb werden wir im NRW von Morgen:
- 100.000 neue Wohnungen im Jahr bauen, von denen 25.000 Sozialwohnungen sein werden.
- den Schutz der Mieterinnen und Mietern ausbauen und Kommunen in angespannten Wohnungsmärkten mehr Handlungsmöglichkeiten geben.
- ein Programm „1.000 Spielplätze in NRW“ auflegen und Städte und Gemeinden besser unterstützen, gegen Schrottimmobilien und Problemhäuser vorzugehen.
- die teuren Straßenausbaubeiträge für Anwohnerinnen und Anwohner abschaffen.