Die Rede zur Lage der Union von Ursula von der Leyen hat viele wichtige Themen angesprochen, von der Klimakrise bis zur digitalen Transformation. Aber es gibt einige kritische Punkte, die nicht ignoriert werden sollten.
Migrations- und Asylpakt: Ein Kompromiss zu welchem Preis?
Die Rede spricht von einem „neuen Gleichgewicht“ im Migrations- und Asylpakt zwischen dem Schutz der Grenzen und dem Schutz der Menschen. Aber was bedeutet das konkret? Eine humane Asylpolitik sollte nicht auf Kosten der Menschenrechte gehen. Die Rede lässt viele Fragen offen: Wie wird die EU sicherstellen, dass die Rechte der Geflüchteten gewahrt bleiben? Und wie wird die Lastenverteilung innerhalb der EU aussehen?
Energiekrise: Gute Ansätze, aber nicht genug
Die Rede kommt zu einem dramatischen Zeitpunkt, insbesondere angesichts der hohen Energiepreise. Es ist gut, dass Notfallmaßnahmen vorgestellt wurden, aber die soziale Dimension der Krise wurde nicht ausreichend berücksichtigt. Wie werden die Übergewinne von Krisengewinnern umverteilt? Und wie wird sichergestellt, dass niemand im Kalten sitzt?
Kampf gegen Schlepper: Wo bleibt die Prävention?
Es ist wichtig, kriminelle Netzwerke zu bekämpfen, aber wo ist der umfassende Ansatz zur Prävention? Die Ursachen für Flucht und Migration müssen ebenfalls adressiert werden. Hier hätte ich mir konkretere Pläne gewünscht.
Soziale Gerechtigkeit: Ein vergessenes Thema
Die Rede hat wenig Raum für die sozialen Herausforderungen in Europa gelassen. Wo bleibt der Fokus auf soziale Gerechtigkeit, auf bezahlbaren Wohnraum, auf die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit? Diese Themen sollten in jeder Diskussion über die Zukunft der EU eine Rolle spielen.
Klimapolitik: Ambitioniert, aber nicht ausreichend
Der europäische Grüne Deal ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber nicht ambitioniert genug. Die sozialen Auswirkungen der Klimakrise, insbesondere auf die ärmeren Bevölkerungsschichten, wurden nicht ausreichend thematisiert. Eine gerechte Energiewende, die alle Bürgerinnen und Bürger mitnimmt, bleibt ein unerfülltes Versprechen.
Rechtsstaatlichkeit: Ein fehlendes Element
In einer Rede zur Lage der EU muss auch die Lage der Rechtsstaatlichkeit angesprochen werden. Kein Wort über den Abbau der Rechtsstaatlichkeit in Polen und den Demokratieabbau in Ungarn. Das ist zu wenig, um die Gewaltenteilung in Europa effizient zu verteidigen.
Fazit
Die Rede zur Lage der Union hat viele wichtige Themen angeschnitten, aber es bleiben viele Fragen offen. Es ist an der Zeit, dass die EU sich nicht nur als Wirtschaftsunion, sondern auch als Sozialunion versteht. Nur so kann sie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückgewinnen und eine inklusive, gerechte und nachhaltige Zukunft für alle schaffen.