Ich weiß nicht, ob sie wirklich so heißt.
Ich weiß nur, dass ich sie nicht vergessen kann.
Mia.
So nenne ich sie, weil ich ihr einen Namen geben will –
einen Klang, der wärmer ist als die Kälte, in der sie lebt.
Einen Namen, der sagt:
Du bist gemeint.
Du bist gesehen.
Du bist nicht egal.
Es war ein grauer Nachmittag in der Südstadt.
Der Himmel hing tief – und es fühlte sich an, als ob er all das trug, was wir lieber nicht sehen wollen.
Mia saß da, auf einer Bank vor einem Café.
Kapuze im Gesicht. Hände um einen Pappbecher.
Nicht bettelnd.
Nur wartend.
Oder vielleicht längst aufgegeben.
Sie hätte meine Tochter sein können.
Oder deine.
Man nennt sie „Sofahopper“.
Junge Menschen ohne Wohnung,
die von Tür zu Tür ziehen –
wenn sie Glück haben.
Wenn nicht, dann schlafen sie in Fluren. In Parks. In Angst.
Und irgendwann lernen sie, still zu werden.
Sich nicht mehr zu beschweren.
Unsichtbar zu sein.
So wie Mia.
Was muss passiert sein, dass ein Kind
– denn sie war noch ein Kind –
nicht mehr nach Hause geht?
Oder keins mehr hat?
Vielleicht war es Gewalt.
Vielleicht war es Einsamkeit.
Vielleicht einfach nur: keine Chance.
Ich wollte sie ansprechen.
Aber ihre Augen sagten:
Lass es.
Ich bin schon oft genug enttäuscht worden.
Also ging ich weiter.
Aber ich nahm sie mit.
Im Kopf. Im Herzen.
Und sie blieb.
Warum erzähle ich das?
Weil in Deutschland fast ein Fünftel der Wohnungslosen unter 25 ist.
Weil das keine Zahl ist.
Sondern viele kleine Mias.
Viele junge Geschichten, die fast niemand hört.
Weil sie leise sind.
Oder weil wir zu laut sind.
Was hilft wirklich?
Prävention, bevor das Sofa zur einzigen Option wird
Notunterkünfte, die sicher sind – gerade für junge Frauen
Beratungsstellen, die nicht nur Akten sehen, sondern Menschen
Und ein Klima, in dem man Hilfe annehmen kann, ohne sich zu schämen
Mia braucht keinen Applaus.
Sie braucht einen Platz zum Leben.
Und eine Gesellschaft, die sie meint, auch wenn sie nichts sagt.
Ich weiß nicht, ob sie wirklich Mia heißt.
Aber ich weiß, dass sie zählt.
Und ich weiß, dass sie nicht die Einzige ist.
📎 Hier findest du ihre ganze Geschichte – so, wie sie mir begegnet ist.
📩 Und hier steht, was wir politisch tun können – bevor es zu spät ist.
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