Stellen Sie sich vor, Sie schlendern durch Paderborns Innenstadt, vielleicht entlang der Westernmauer, einem Ort, der für viele von uns Alltag bedeutet. Doch hinter den Fassaden und vertrauten Straßen verbergen sich Geschichten von Schmerz, Abhängigkeit und Überleben. Für die rund 1.000 schwer suchtkranken Menschen im Kreis Paderborn ist diese Realität bittere Normalität. Die Hälfte von ihnen hat durch Substitutionsprogramme zumindest eine kleine Hoffnung, während die andere Hälfte täglich ums Überleben kämpft – in unserer Nachbarschaft.
Die Diskussion um einen Drogenkonsumraum mag auf den ersten Blick kontrovers erscheinen. Aber es geht hier nicht nur um Drogenkonsum – es geht um Menschen. Menschen, die in einem Teufelskreis gefangen sind, die in dunklen Ecken und unter unwürdigen Bedingungen nach einem kleinen Stück Stabilität suchen. Die SPD-Fraktion hat völlig recht: Es ist an der Zeit, vom Reden zum Handeln zu kommen.
Warum ein Drogenkonsumraum?
Die Berichte über die Anwohnerbeschwerden an der Westernmauer zeigen, dass wir die Augen vor der Realität nicht verschließen können. Ein Drogenkonsumraum bietet keinen Freibrief für Drogenkonsum – er bietet Sicherheit. Sicherheit für die Konsumenten, die unter hygienischen Bedingungen Hilfe finden, und Sicherheit für die Stadt, in der der öffentliche Konsum eingedämmt werden könnte.
Die Vorteile solcher Räume liegen auf der Hand:
- Hygiene und Gesundheit: Infektionen wie HIV oder Hepatitis können durch sterile Bedingungen reduziert werden. Notfallmanagement verhindert Todesfälle.
- Therapeutische Chancen: Ein Konsumraum kann die erste Brücke sein, um Menschen zurück ins Hilfesystem zu führen.
- Öffentliche Ordnung: Der offene Drogenkonsum in der Innenstadt kann reguliert und die Belastung für Anwohner gemindert werden.
Die Verantwortung der Politik
Ein Konzept für einen solchen Raum liegt bereits vor, doch es fehlt noch der politische Wille, den nächsten Schritt zu gehen. Martin Pantke, Vorsitzender des Sozialausschusses, bringt es auf den Punkt: Die politischen Gremien des Kreises müssen handeln und eine klare Willenserklärung abgeben. Es geht um Zusammenarbeit – zwischen Stadt und Kreis, zwischen Gesundheitsbehörden und sozialen Einrichtungen.
Die Berichte des Bundesdrogenbeauftragten Burkhard Blienert und der Paderborner Drogenhilfe zeigen, dass die Zeit drängt. Die Zahl der Drogentoten steigt, und der Gebrauch gefährlicher Substanzen wie Crack nimmt zu. Wollen wir wirklich weiter zusehen, während Menschen in unserer Stadt sterben?
Ein persönlicher Appell
Als jemand, der tief in Paderborn verwurzelt ist, sehe ich die Debatte nicht nur als politische Frage. Es ist eine Frage der Menschlichkeit. Jeder von uns könnte in eine ähnliche Lage geraten. Ein Schicksalsschlag, eine Krankheit, und das eigene Leben steht Kopf. Der Drogenkonsumraum ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um Leben zu schützen und Perspektiven zu schaffen.
Paderborn kann und sollte ein Vorbild sein. Ein Ort, der nicht nur seine Geschichte ehrt, sondern auch mutig genug ist, Herausforderungen der Gegenwart anzupacken. Lassen Sie uns gemeinsam einen Raum schaffen – einen Raum für Hoffnung, Würde und Veränderung.
Jetzt ist die Zeit zu handeln. Für Paderborn. Für die Menschen.